Samstag, 10. August 2019

Prima Klima



Seit die notwendige Klimadebatte in der satten und selbstgerechten Bundesrepublik zu einer pseudo-religiösen Ideologieauseinandersetzung verkommen ist, kann man in unserer Gesellschaft keine fünf Schritte mehr tun ohne in eine Diskussion über das Wetter oder das Klima verwickelt zu werden, wobei die meisten in schuldbewusster Bekümmertheit munter - oder eher betrübt - beides gleichsetzen. Jeder Sommertag, jeder Gewitterschauer und jedes Rindvieh (auf der Weide) wird zum Vorboten der Klimaapokalypse. Ganz zu schweigen vom üblen Fleischesser, der sein Schnitzel demnächst schuldbefleckt im Hinterzimmer kaufen muss.
Befeuert wird diese Debatte von zahlreichen Halbwüchsigen, die ihre klimaschädlichen Cyberaktivitäten und ihre, aus ihrer Sicht eher langweiligen, schulischen Aktivitäten freitags unterbrochen haben, um "für das Klima zu streiken", wie sie es gerne ausgedrückt haben. Einige vergaloppierten sich allerdings in ihrer Ausdrucksweise ein wenig, in dem sie bei Interviews angaben, "für den Klimawandel zu streiken", dem Klima war's egal, den Organisatoren nicht, also musste ein "Klima-Camp" her, wo es neben, selbstverständlich veganem, Futter auf Plastiktellern auch Ideologieschulungen gab und die Unbedarften auf Linie gebracht wurden. Dem Klima war's wieder egal, weil es ihm wieder mal nichts brachte.
In den Ferien lief die Organisation zu Höchstleistungen auf, getrübt nur ein wenig durch den durchschnittlichen mitteleuropäischen Sommer.
Man internationalisolidarisierte sich im schönen Lausanne und Greta Thunberg liess rasch noch ein paar missliebige Journalisten aus dem Saal werfen, bevor sie ihre neue "Mayflower" bestieg, um das Klima-Puritanertum in die USA zu tragen.
Bevor mir jetzt das Autodafé droht, lassen Sie mich sagen, dass ich den jungen Menschen eigentlich wenig vorwerfen kann. Sie haben die Gefahren richtig erkannt und wollen das Richtige. Aber sie tun das Falsche. Aktionismus, Panikmache und Ideologie werden dem Ernst der Lage nicht gerecht.
Aber nicht einmal das kann ich ihnen als aktiver Vater wirklich vorwerfen, Kinder und Jugendliche sehen sich nun einmal gerne als revolutionäre Kämpfer gegen das Establishment. Sie ahnen eben noch nicht, dass sie einmal genau dieses Establishment sein werden und ihren Wohlstand mit Zähnen und Klauen verteidigen werden...
Was mich wirklich wundert ist, dass die Organisationen und Personen, die hinter einer im Grunde guten Sache stehen, so ängstlich darauf bedacht zu sein scheinen, nicht damit in Verbindung gebracht zu werden.
Wobei ich nicht den schwedischen Journalisten und Thunberg-Promoter Ingmar Rentzhog und seine 2017 gegründete Aktiengesellschaft "We Don’t Have Time" meine, deren Gewinnerzielungsabsicht schon durch die Wahl der Gesellschaftsform nicht mehr zu verschleiern ist und auch nicht Greta Thunbergs mehr oder weniger schriftstellernde Mutter und den mehr oder weniger schauspielernden Vater, sondern ernstzunehmende Organisationen wie den "Club of Rome" und Philantropen wie George Soros, dem Angstgegner aller Populisten und Verschwörungstheoretiker weltweit.
Diese ungesunde Hermetik befeuert eben diese Verschwörungstheorien und hilft die wichtige Debatte über die Möglichkeiten der Weltbevölkerung zum Schutz des Klimas von der pragmatischen Sachebene auf das eingangs erwähnte ideologisch-pseudoreligiöse "Niveau" herunterzuziehen.
Wir müssen uns von dem Irrglauben befreien, es gebe nur eine einzige richtige Art den Klimawandel aufzuhalten, müssen Diskussionen statt Meinungsdiktatur zulassen und müssen den Mut haben dürfen, falsche Wege falsch zu nennen!
Demokratie ist der ständige Kampf zwischen Argumenten und Mehrheiten, sie lebt von der Pluralität, von Verteilung und Differenzierung, sie lässt Dissonanzen zu und toleriert Widersprüche.

Thomas Lennartz

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